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Bowers & Wilkins 802 D4

Bowers & Wilkins 802 D4

Mehr als die Summe der Teile

Bowers & Wilkins 802 D4 – Mehr als die Summe der Teile

Haben Sie es auch schon gehört? Der Mitteltöner der neuen Bowers & Wilkins 802 D4 hat eine biomimetische Aufhängung. Doch das ist freilich nur die Spitze des Technik-Eisbergs. Und überhaupt: Lassen wir die Technik mal beiseite – hier geht es um Musik.

Bowers & Wilkins 802 D4

In aller Kürze:

Für die Bowers & Wilkins 802 D4 sind 1000 Hightech-Detaillösungen nur Mittel zum Zweck: Im Wesenskern ist sie eine machtvoll antretende, hochkarätige und nichts verfälschende Dienerin der Musik.

Bowers & Wilkins 802 D4

 


Es ist schon lustig, wie sich „State of the Art“ bisweilen auf ein einziges Feature zu reduzieren scheint: In den 80er Jahren waren Autos irgendwie automatisch überlegen, wenn sie einen „16 V“-Schriftzug am Heck trugen, die Qualität einer Kamera lässt sich (vermeintlich) in Megapixeln ausdrücken, und in jüngster Zeit hat sich herumgesprochen, dass alles besser ist, wenn Graphen drin oder dran ist. Natürlich liegt es mir fern, die Meriten innovativer Technologien und Materialien kleinzureden, doch so gewinnbringend all diese Zaubermittelchen auch sind – sie können immer nur so gut sein wie das Design, in das sie eingebettet sind.

Im Fall der neuen 800-D4-Serie von Bowers & Wilkins hört die Galionsfigur des State of the Art auf den Namen „biomimetische Aufhängung“. Sie ersetzt im Mitteltöner die althergebrachte Zentrierspinne und löst ein ziemlich offensichtliches Problem: Als harmonikaartig gefaltete, getränkte Textilscheibe ist die Spinne letztlich selbst eine Art Membran, die bei der Ansteuerung des Treibers in Schwingung versetzt wird und ihrerseits Schall abgibt, der die Lautsprechermembran beeinflusst und Verzerrungen verursacht. Bei der biomimetischen Aufhängung übernehmen sechs dünne, elastische „Beinchen“ die Rolle der Textilscheibe, wodurch die Abstrahlfläche auf nahezu nichts reduziert wird – und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Je nach Frequenz liegt der Schalleintrag um bis zu 80 dB niedriger als der einer konventionellen Zentrierspinne.

Bowers & Wilkins 802 D4
Die Fläche biomimetischen Aufhängung ist im Vergleich zu einer herkömmlichen Zentrierspinne auf ein Minimum reduziert. Der Schallanteil, der von ihr auf die Membran des Continuum-Mitteltöners zurückprallt, verringert sich dadurch um bis zu 80 dB.

Das ist durchaus ein kleiner technologischer Quantensprung, und wenn ich mir die B&W 802 D4 so ansehe, kann ich es im Grunde auch niemandem krummnehmen, wenn er denkt, dass sich die Neuentwicklung im Wesentlichen auf diese Aufhängung beschränkt. Immerhin hat die uns heute vertraute Form der 800er-Serie schon gute zwei Jahrzehnte auf dem Buckel, und wenn man die D4 optisch von ihrer direkten Vorgängerin unterscheiden will, muss man schon genau hinsehen. Sieht man allerdings genau hin, fallen einem an allen Ecken und Enden teils nicht unerhebliche Änderungen im Detail auf: So ist zum Beispiel die Röhre des Tweeter-on-Top-Gehäuses deutlich länger geworden, wodurch die Eigenresonanz des Hochtöners sinkt und Verzerrungen in seinen tieferen Registern verringert werden. Anstelle der Staubschutzkappen der Tieftöner treten nun resonanzdämpfende Schaumstoffstopfen. Am auffälligsten ist jedoch, dass die Oberseite des Hauptgehäuses jetzt aus einer Aluminiumplatte besteht, die den Korpus versteift und gleichzeitig eine weit bessere Montagefläche für den Turbine Head bietet, der den Mitteltöner beherbergt.

Und das sind nur einige der sichtbaren Verbesserungen. Im Inneren wurden nicht nur die Magnetsysteme aller Treiber überarbeitet, sondern auch die Gehäuseverstrebungen. Auch die Entkoppelung des Turbine Heads sowie des Tweeter-on-Top-Gehäuses sind jeweils neu entwickelt worden, am Mitteltöner wirken zudem vier abgestimmte Massendämpfer unliebsamen Resonanzen entgegen. Die Liste geht noch weiter, doch dürfte jetzt schon klar sein, dass man es bei der Weiterentwicklung keineswegs dabei belassen hat, einfach eine Zentrierspinne auszuwechseln. Die neue Aufhängung des Mitteltöners bildet lediglich die Speerspitze einer ganzen Heerschar von Detailverbesserungen – die Bowers-&-Wilkins-Entwickler haben kaum etwas unangetastet gelassen und ihre 800-D4-Serie im Ganzen auf das Niveau des aktuell technisch Machbaren gehoben.

Bowers & Wilkins 802 D4
Tragende Teile tragen Tragende Teile: Tatsächlich muss man die 802 völlig auseinandernehmen, um zu verstehen, dass die Basstreiber allein vom Matrix-Skelett getragen werden.

Auch wenn das Gros der ausgeklügelten Designkniffe im Dienst der Lautsprecher selbst und deren Klangqualität steht, habe ich erfreut feststellen können, dass auch die ein oder andere clevere Lösung ihren Weg in die Gestaltung der Verpackung gefunden hat. Einen High-End-Lautsprecher in Position zu hieven ist ja bekanntermaßen keine leichte Aufgabe. Schließlich ist es nicht damit getan, die beiden 90-Kilo-Trümmer in den Hörraum zu bugsieren und links und rechts des Racks abzustellen. Anschließend muss noch in einer Serie feinfühliger Kraftakte die exakte Position und Ausrichtung gefunden werden, um aus der Preziose auch wirklich das letzte Quäntchen Klangqualität zu extrahieren. Als die mit zwei wuchtigen Lautsprecherkartons beladene Palette in den FIDELITY-Gefilden ankam, machte ich mich dementsprechend wie selbstverständlich zusammen mit einem Kollegen ans Auspacken – und war gleich mal angenehm überrascht, wie einfach sich die Prozedur gestaltete: Der Verpackungsboden besteht aus einem robusten Kunststoff und beinhaltet ein Rampenelement zum Aufstecken, während der Sockel des Lautsprechers auf fest montierten Rollen ruht. Ist der Karton erst mal weggehoben, lässt sich im Handumdrehen die Rampe montieren. Anschließend ziehe ich die Box mit einem leichten, aber bestimmten Ruck zu mir hin, und schon kullert sie mir vertrauensselig entgegen. Derweil steht mein Kollege daneben und würde sich fragen, warum ich ihn überhaupt rekrutiert habe, wenn er denn nicht genauso baff wie ich wäre, dass sich die Inbetriebnahme der 802 D4 tatsächlich als Ein-Mann-Show bewerkstelligen lässt.

Bowers & Wilkins 802 D4
Der Continuum-Mitteltöner verfügt über eine starre, gedämpfte Sicke und eine Membran, die sich bei Schwingspulenauslenkungen definiert verformt: Bei tieferen Frequenzen wird so die gesamte Membranfläche genutzt, während sich zu höheren Frequenzen hin der effektiv angeregte Membrandurchmesser zunehmend verringert, was der Abstrahlcharakteristik zugute kommt. Durch den Korb hindurch lässt sich die biomimetische Aufhängung erkennen.

Entsprechend schnell und schmerzlos sind die beiden Testobjekte in den Hörraum und dort in Position geschoben. Um alle gesetzlichen Umfallbestimmungen zu erfüllen, befinden sich im Lieferumfang zwei Stabilisierungsfüße, die in die Sockelplatte geschraubt werden können. Ich wüsste zwar nicht, welche Katze oder welches Kleinkind in der Lage wäre, die Dinger umzuschubsen, aber wer einen besonders spielwütigen Bernhardiner zu Hause hat, wird die Beigabe sicher zu schätzen wissen. „Keine Spikes?“, höre ich Sie entrüstet fragen. Im Lieferumfang befinden sich tatsächlich keine, aber die Sockelplatte erlaubt natürlich deren Montage. Für den Anfang bietet es sich aber ohnehin an, sie erstmal ohne zu betreiben und die ersten Wochen mit der Aufstellung zu experimentieren – ist die optimale Position schließlich gefunden, kann man sie dann exakt dort im Boden festkrallen.

Nicht, dass die 802 D4 besonders aufstellungsempfindlich wäre – ganz im Gegenteil: Hier gibt sie sich ebenso wenig divenhaft wie beim Auspacken. Aber wenn man sich ein solches Kaliber von Lautsprecher anschafft, will man natürlich keine Klangqualität auf der Straße liegen lassen. Was man ihr unbedingt gönnen sollte, ist ausreichend Abstand von den umgebenden Wänden; nicht nur der Bühnenabbildung wegen, sondern auch, weil die beiden 20er-Bässe untenrum ordentlich zulangen können. Gibt man ihr Luft zum Atmen, wird sie es einem nicht nur mit mühelosem Durchsetzungsvermögen, sondern auch mit bester Kontrolle und Durchhörbarkeit danken.

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Im zweiten Satz von Rimski-Korsakows Sheherazade beispielsweise versieht sie ohne auch nur einen Anflug von Angestrengtheit die Pauken und Tubas mit dem nötigen Rumms, doch wirklich beeindruckt bin ich erst von dem, was auf dem Bassfundament aufbaut. Der Kontrast zwischen dem zarten Schmelz der Geige zu Beginn und dem barschen Antritt der Blechbläser macht deutlich, wie weit die Bowers &Wilkins das Spektrum verschiedenster Tonalitäten aufspannen kann. Auch innerhalb dieser Bandbreite bewegt sie sich mit hervorragender Trittsicherheit: Die Holzbläsersektion ist mit Oboen, Englischhörnern, Klarinetten und Fagotten bestückt, und die Eigenheiten im Timbre der Instrumente kommen mit einer absoluten Selbstverständlichkeit zum Vorschein. Dabei baut sie eine enorme Bühnentiefe auf und leuchtet den Raum bis in den hintersten Winkel aus: Die 802 D4 reicht auch die subtilsten Nebengeräusche unaufdringlich zu mir durch, sodass nicht nur die weiter weg platzierten Instrumente selbst, sondern auch die Musiker, die sie spielen, fast physisch greifbar scheinen.

Raum und Atmosphäre beeindrucken mich so sehr, dass ich, noch bevor der Satz verklungen ist, schon nach der nächsten CD greife: Hiromi Uehara und Edmar Castaneda – Live in Montreal. Bei dem hervorragend produzierten Livealbum machen es mir die britischen Schallwandler leicht, mich geistig in meine Rolle als Teil des Publikums zu versetzen, während Hiromi am Klavier und Edmar an der Harfe ihre Version von Astor Piazzollas Libertango performen. Am Ende nimmt aber doch wieder die Musik die zentrale Rolle ein. Eben noch filigrane Melodieläufe vor sich hin zupfend, gibt Edmar mit seiner Harfe bald entschlossen angerissene Rhythmuspunkte vor, die Hiromi lässig fließend umspielt und scheinbar ohne überhaupt darauf zu achten jedes Mal punktgenau den Takt trifft, wenn sich die Melodien überkreuzen – so funktioniert Tango!

Bowers & Wilkins 802 D4
B&Ws neue 802 ist ein umgänglicher Koloss. Da der Lautsprecher serienmäßig auf Rollen ruht, kann man ihn problemlos allein manövrieren, aufstellen und ausrichten. Selbstverständlich lassen sich im Sockel auch Spikes montieren.

Während der Hörsessions war ich stets versucht, die Klangcharakteristika einzelnen Konstruktionselementen zuzuordnen. „Die tonale Genauigkeit auch bei lauten und komplexen Passagen ist gewiss ein Resultat der biomimetischen Aufhängung hinter der Kontinuum-Membran“ – solche und ähnliche Gedanken wollten ständig Eingang in meinen Kopf finden. Letztlich haben mir die Bowers & Wilkins 802 D4 aber eindrücklich demonstriert, wie weit solche Überlegungen den Kern der Sache verfehlen. All die fraglos raffinierten technischen Kniffe verschmelzen in ihnen zu einer homogenen funktionalen Einheit, die sich selbst vollkommen aus dem Geschehen herausnimmt und einfach allürenfrei genau das macht, was sie soll: auf höchstem Niveau Musik passieren lassen.

Bowers & Wilkins 802 D4

Info

Lautsprecher Bowers & Wilkins 802 D4

Konzept: passiver 3-Wege-Standlautsprecher
Bestückung: 1 x 25-mm-Diamanthochtöner, 1 x 15-cm-Continuum-Membran-Mitteltöner, 2 x 20-cm-Tieftöner
Frequenzgang: 17 Hz bis 28 kHz
Nennimpedanz: 8 Ω (Minimum 3 Ω)
Empfindlichkeit: 90 dB
Besonderheiten: Hochtöner- und Mitteltongehäuse (Turbine Head) jeweils elastisch vom Hauptgehäuse entkoppelt, Mitteltöner mit „starrer“ Sicke und biomimetischer Aufhängung, fest montierte Rollen für einfache Installation
Ausführungen: Schwarz, Weiß, Nussbaumrot, Walnuss
Maße (B/H/T): 41/122/60 cm
Gewicht: 88 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 26 000 €

Mitspieler

CD-Player: Ayon CD-3sx, Audio Note CD 1.1x
Netzwerkplayer/DAC: Cambridge Audio CXN V2, Lumin X1
Vollverstärker: Aavik I-580, Aavik U-380
Vor-/Endverstärker-Kombi: The Gryphon Essence Preamp/Essence Mono
Rack: Finite Elemente Pagode III
Kabel: AudioQuest, Furutech, Audioplan

Kontakt

D&M Germany GmbH | A division of Sound United

An der Kleinbahn 18
41334 Nettetal
Telefon +49 2157 12080

www.bowerswilkins.com

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