Sonoro Grand Orchestra – macht’s gut und danke für den Fisch
„Mann, ist das … schwarz!“, sagte Ford Prefect. „Man kann kaum seine Konturen erkennen, das Licht versackt einfach darin!“ (Douglas Adams, Das Restaurant am Ende des Universums)
In aller Kürze:
Die Grand Orchestra erweitert das Spektrum ihrer vorzüglichen kleinen Orchestra-Schwester. Sie besitzt deren Stärken und ist doch erfrischend anders.
Knapp hüfthoch, schmaler als tief, dazu dieses unglaublich satte Schwarz. Mattschwarz, genauer gesagt. Fast so schwarz wie das Show-Raumschiff von Desaster Area, der lautesten und klangvollsten Rockband in der Geschichte des Universums. Während der erste Blick noch an der samtenen Oberfläche abzuperlen scheint, nimmt man mit dem zweiten deutliche Hinweise auf die Familienzugehörigkeit wahr. Ob die Lackierung nun in Hochglanz oder Matt erfolgt, das Ergebnis ist nichts weiter als hervorragend. Auch was den Platzbedarf angeht, sind beide Varianten, die Sonoro Orchestra und Grand Orchestra, identisch. Zumindest bei artgerechter Ständerhaltung der Kleinen. Vorteil der Standbox: Sie nutzt den sonst lediglich zum Staubsammeln genutzten Raum unterhalb des Mitteltöners zur Basserzeugung. Je nach Raumgröße und Musikgeschmack eine interessante Option.
Bass und Tiefmittelton scheinen sowohl identisch als auch aus der „Kleinen“ übernommen. Zur Zweiwege-Konstruktion der Orchestra kommt bei der Grand Orchestra ein „halber“ hinzu, der die schon von der Orchestra keinesfalls unterrepräsentierten Tieftonanteile weiter in Richtung wohlige Rückenmassage rücken soll. Dafür setzt man in Neuss auf die bewährten Treiber. Soll heißen, auf stabile, dabei strömungsoptimierte Druckguss-Körbe, an denen handtellergroße Magneten auf unschuldige Papiermembranen losgelassen werden. Beide Treiber atmen durch eigene Ports den Überdruck im Inneren an die Raumluft aus, daher sollte man auf respektvollen Abstand zu Wänden achten. Ein halber Meter nach allen Seiten ist das Minimum, damit sich eine vollkommen eingespielte Grand Orchestra voll entfalten kann.
Da die Membranfläche im Vergleich zur Orchestra verdoppelt wurde, die Qualitäten des verwendeten Hochtöners – es handelt sich um einen Air-Motion-Transformer nach Oskar Heil – aber erhalten bleiben sollten, kommt bei der Grand Orchestra eine konvex deutlich ausgeprägte Schallführung statt des dezenten Alurahmens zum Einsatz. Diese soll sowohl das Abstrahlverhalten wie auch die homogene Übernahme zwischen beiden Chassis verbessern.
Ein AMT darf bauartbedingt recht tief getrennt werden, daher kommen die Frequenzteiler mit dezenten 6 Dezibel Flankensteilheit aus. Meiner Erfahrung nach ein Indiz für transparenten Klang mit ausgeprägten Farben. Je nach Qualität von AMT und Weiche kann die Wiedergabe allerdings gelegentlich auch zu lebhaft werden. Des Weiteren vertraut man bei Sonoro sinnvollerweise auf vernünftige Single-Wire-Lautsprecheranschlüsse mit hoher Klemmkraft –ein äußerst vernünftiger Ansatz in meinen Augen. Besser eine solide Zuleitung als doppelte Kabelage bei reduzierter Qualität.
Trotz ihrer physischen Größe wirkt die Grand elegant, modern, reduziert und ist dennoch ein Blickfang. Im Profil wird die Neigung der Schallwand erkennbar, die den Zeitversatz zwischen hyperaktivem AMT und den Frequenzen unterhalb des Stimmbereichs kompensieren soll. Man kann es drehen, wie man will, die Wellen hoher Töne sind einfach kürzer und somit schneller am Ziel. Nicht nur die Phasenlage am Sweetspot profitiert davon. Weniger parallele Flächen heißt auch: weniger störende Reflektionen im Inneren des Gehäuses. Und was nicht da ist, muss auch nicht mühsam rausgedämpft und wegkonstruiert werden. Daher findet sich auch nur eine eher homöopathische Menge an Polyesterwatte, ansonsten darf sich der rückwärtig generierte Druck ziemlich ungehindert ausbreiten, und bei genug Raumgröße spricht nichts dagegen, diese auch ungedämpft über die beiden Reflexrohre entweichen zu lassen. Ein wenig Tuning ist hier über die beiden Schaumstoffpfropfen möglich, mit denen sich die Röhren verschließen lassen. Die Wirkung ist allerdings nicht ganz so sedierend wie bei der Kleinen. Die Große erzeugt auch mit verschlossenen Rohren und bei freier Aufstellung ausreichend Druck für den Großteil denkbarer Anwendungen und Musikstile. Unersättliche können die Grand Orchestra zur Not auch in der Ecke platzieren, was die Möglichkeiten auf Dancehall, Dubstep oder Hip-Hop reduziert, aber durchaus einen gewissen Spaß am Unfug vermittelt.
Im Vergleich zu ihrer kleinen Schwester benötigt die Sonoro Grand Orchestra ein paar Stunden mehr zum Kennenlernen. Die ersten Tage wirkt sie noch recht zaghaft und gebremst, ja ein wenig zu kompakt in Anbetracht der Abmessungen, sie braucht Zeit, bevor sie frei durchatmen kann. So richtig wach scheint die Standbox nach gut drei Wochen in Dauerbetrieb zu werden. Ich füttere sie mit „Alone“: Ein sichtlich vom Leben gebeutelter Nathan Gray durchstreift in dem Song das tiefe Tal des Verlassenwerdens, kommt bis an den Punkt, an dem selbst der Whisky nicht mehr wirkt. Liegt es daran, dass die Kleine hier vollmundiger schien? Die Grand Orchestra besitzt eindeutig das gewichtigere Fundament, reicht weit, dabei kontrolliert hinab, keine Frage. Auch der AMT erledigt seinen Job mit Bravour. Grays Organ besitzt gelegentlich etwas Zerbrechliches, eine spröde Ahnung von Charme, wenn er in den höheren Lagen an Druck zulegt. Diesen Wesenszug malt die Grand einen kleinen Strich stärker in den Raum als die Orchestra. Die Orchestra zeichnet Charakterzüge tendenziell mit dem Aquarellkasten, während die große Schwester im Bedarfsfall gerne auch zu Tuschefeder oder Kohlestift greift, um das Geschehen deutlich umrissen abzubilden. Sehr charismatisch, die Grand Orchestra!
Etwas anspruchsvoller geht es weiter. A Perfect Circle lädt zum Essen, es gibt Großwild. Auf Eat The Elephant findet sich mit „So Long And Thanks For All The Fish“ der beste Coldplay-Song, den Chris Martin nie geschrieben hat. Ein gar fröhlich’ Gitarren-Lick setzt die Melodei, es poltern knackig die Trommeln dazu. Kleine Akzente in Form von Glöckchen schwingen heiter durch den Raum und konterkarieren den rabenschwarzen Humor des Textes – dieser Song lebt von seinen Gegensätzen. Die in bester Stadionrock-Tradition treibenden Beats bilden das Fundament für ätherisch sich windende Gitarrenlinien, untermalt von dezent umherwehenden Synthies. Maynard James Keenan, Querkopf und gesangliches Zentrum des Geschehens, verzichtet auf die ihm eigene Düsternis, agiert unbeschwert wie ein Kinderchor, während sich Billy Howerdels Gitarren in den Himmel schrauben. Immer steht das Großartige, Hymnenhafte der Melodien im Gegensatz zum doch eher sarkastischen Text.
Die Grand Orchestra polarisiert stärker als ihre kleine Schwester, ohne deren Stärken zu verleugnen, öffnet das Frequenzband nach unten, ohne an Griffigkeit zu verlieren. Der AMT gewinnt dank neuer Schallführung nochmals an Kontur, zeigt bei Bedarf gerne die Zähne und unterstreicht Konturen etwas stärker als die Orchestra.
Damit ist die Kleine für mich die gefälligere, die Grand jedoch die ehrlichere, vollständigere Orchestra. Mit welcher von beiden Sie dann einen Tisch im Restaurant am Ende des Universums teilen möchten, liegt an Ihnen …
Info
Lautsprecher
Sonoro Grand Orchestra
Konzept: 2,5-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Chassisbestückung: 16-cm-Papier-Tiefmitteltöner, 16-cm-Papier-Tieftöner, AMT-Hochtöner
Frequenzbereich: 38 Hz bis 32 kHz
Empfohlene Verstärkerleistung: 50 bis 170 W
Ausführungen: Schwarz oder Weiß hochglanz
Maße (B/H/T): 28/104/35 cm (inklusive Standfüße)
Gewicht: 25 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 2000 €
Mitspieler
Plattenspieler: Acoustic Solid Vintage
Tonarm: Acoustic Solid WTB 213
Tonabnehmer: Clearaudio Charisma V2, Ortofon Quintet Red
Phonovorverstärker: Acoustic Solid Phonovorverstärker
CD-Player: Pioneer PD-S505
D/A Wandler: Audiolab M-DAC Mini
Vollverstärker: Einstein The Tune
Endverstärker: Lehmannaudio Black Cube Stamp
Lautsprecher: Audio Physik Seemon
Kabel: German Highend, IsoTek
Zubehör: Sun Leiste, Steinmusic, Simply Analog
Kontakt
Sonoro Audio GmbH
Hammer Landstraße 45
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