Aqua Acoustic Quality La Scala MK II Optologic – Offen und ehrlich
Der Mittlere hat’s schwer. Eingekeilt zwischen das unwiderstehliche kleine und das dominante große Geschwisterchen hilft nur eins für den Aqua Acoustic La Scala: Charakter zeigen!
In aller Kürze
Das mittlere Modell von Aquas drei Mitglieder umfassender DAC-Familie ist kein Zwischending, sondern ein charakterstarker, nobel und frei aufspielender Weltklasse-Wandler.
An den besten DAC in meinem Hörraum erinnere ich mich gut. Er stellte Max Raabe und das Palastorchester nicht bloß in voller dreidimensionaler Pracht ins Wohnzimmer. Er ließ die Musiker auch das tun, was die allerbesten Ensembles auszeichnet und die Grundlage jedes Gänsehautmoments ist: Er ließ sie gemeinsam atmen. Dieser DAC war das Spitzenmodell des Mailänder Herstellers Aqua (kurz für: Acoustic Quality) namens „Formula xHD“.
Einige Monate später begegnete ich ihm wieder. Da war er Teil einer imposanten Messe-Anlage auf der HIGH END 2019. Hier zog mich der traumwandlerisch sichere Musikfluss noch stärker in seinen Bann. Woran das Zuspiel vom damals brandneuen Streamer der Italiener namens „LinQ“ nicht ganz unbeteiligt gewesen sein mag. Heute, gut zwei Jahre später und um viele Aqua-Erfahrungen reicher, kann ich sagen: Es war der Beginn einer Bildungsreise, die mich kurzfristig zum Erwerb des kleinsten Aqua-DACs La Voce S3 und mittelfristig zum ernsthaften Einstieg ins Streaming führte.
Der Einsteiger-Aqua begeistert mich nach wie vor. Ebenso wie der Formula xHD ist auch er um eine R2R-Wandlereinheit gebaut – dabei ist der DAC als reines Widerstandnetzwerk ausgelegt – und folgt auch sonst sehr klar den Ideen, die sich im Topmodell finden. An dessen klanglicher Größe und Reife gemessen ist der La Voce eben doch: der Kleine. Aber die Verwandtschaft ist unüberhörbar, sie äußert sich etwa in der ungemein natürlich wirkenden Tonalität und dem Talent, die inneren Zusammenhänge, den Fluss der Musik zu bewahren. Nun frage ich mich: Was käme wohl dabei heraus, wenn man so eine R2R-Wandlereiheit mit einer feinen Röhren-Ausgangsstufe ergänzen und im Digitalpart die Aufmerksamkeit auf das Abblocken herumvagabundierender Störungen fokussieren würde?
Gestatten: La Scala. Aquas mittlerer DAC schmückt sich doch tatsächlich mit einem Paar Doppeltrioden des Typs ECC81. Wie alle Aqua-Produkte ist auch der La Scala modular aufgebaut und upgradefähig. Mit der letzten Aktualisierung, die ihm den Namenszusatz „MK II Optologic“ bescherte, hat er Aquas bis dahin dem Topmodell vorbehaltene Technik der galvanischen Trennung zwischen digitaler Steuerung und Signalverarbeitung spendiert bekommen.
Unter dem Deckel geht es im Vergleich zum La Voce wesentlich opulenter zur Sache. Das Netzteil mit getrennten Trafos für Digital- und Analogpart nimmt ein Drittel des verfügbaren Gehäusevolumens ein. Aqua-Chef Cristian Anelli, der sich ungern in die Karten schauen lässt, betont hier den Aufwand für die Implementation der Röhrenstufe, wo die Anodenspannung mit einer MOSFET-basierten Schaltung generiert wird, für die er batterieähnliche Störungsfreiheit reklamiert. Er setzt bei der Ausgangsstufe ausschließlich auf diskrete Bauteile und verzichtet aus klanglichen Gründen auf Gegenkopplung. Der XLR-Ausgang ist mittels Übertragern symmetriert – ein Unterschied zum pseudosymmetrischen XLR-Anschluss des kleinen Bruders La Voce.
Das Wandlerboard ist natürlich eine Schau und das eigentliche Highlight des La Scala. Ein FPGA-Baustein mit proprietärem Code steuert galvanisch entkoppelt die Widerstände an, die das R2R-Netzwerk bilden. Der DAC kann digitale PCM-Daten bis zum Format 24 Bit/384 Kilohertz verarbeiten, Ein-Bit-Datenströme werden in den Varianten DSD64 und DSD128 akzeptiert. Für die höchsten Auflösungen und Sampleraten muss der Anschluss über USB oder I2S erfolgen.
Wollen wir an der Stelle zumindest mit ein, zwei Sätzen das verminte Terrain der Wandlertechnologien streifen? Wo doch manche Fans von R2R (liebevoll!) das Feindbild Delta-Sigma-DAC pflegen. Bei dieser Technik ist der Einsatz von Oversampling und Digitalfilterung zum Zweck der Signalbereinigung unumgänglich. Beidem wird allerlei Böses angehängt. R2R mit seiner so simpel wie genial wirkenden Verschaltung von Widerständen zu einem Netzwerk mit (fast) beliebig hoher Auflösung ist da im direkten Vergleich aber auch wirklich ein elegantes Konzept. Oversampling und Noise Shaping finden hier prinzipbedingt nicht statt (daher auch die Bezeichnung „NOS-DAC“ – „non oversampling“ – als Synonym für R2R-Wandler). Von Anelli ist zu hören, dass genau da auch seine Motivation für die ausschließliche Beschäftigung mit R2R herrührt. Wobei er auch noch an anderen Fronten kämpft und etwa mit seiner „optologischen“ Entkopplung und dem unermüdlichen Einsatz für das sträflich missachtete I2S-Interface zwei mindestens genauso heiße Eisen im Feuer hat.
In Sachen Bedienung und Features gilt: Kennt man einen Aqua, kennt man sie alle. Es gibt keine Displays, keinerlei anwählbare Optionen (vom Phasen-Schalter mal abgesehen) und auch sonst keinen Schnickschnack. Die fünf Eingänge in fünf unterschiedlichen Formaten sind einfach durchnummeriert – mein einziger echter Kritikpunkt am La Scala (und seinen Geschwistern), da man sich einprägen muss, welche Quelle man unter welcher Ziffer verkabelt hat. Die schon erwähnte I2S-Schnittstelle namens „AQlink“ für besonders jitterarme Kommunikation, vorzugsweise ausgehend vom hauseigenen Streamer LinQ und dem CD-Laufwerk La Diva, ist die einzige exotische Note.
Wir leben in einer Welt der Klischees, und was ein NOS-DAC ist und noch dazu Röhren verwendet, hat selbstverständlich einen Sound. Richtig? Nun, da möchte ich doch widersprechen. Wenn der Aqua La Scala MK II Optologic so warm spielt, dass man mit dem Finger draufzeigen kann, dann ist er entweder frisch der Verpackung entnommen, suboptimal verkabelt oder wird von einer weniger als exquisiten Digitalquelle beschickt. Stimmt dagegen alles, verwandelt sich das so bescheiden auf seinen Gummifüßen dastehende Gerät, das noch nicht einmal die Zehn-Kilo-Marke knackt, in den verführerischsten und universellsten Musikanten, den man sich wünschen kann.
Der Schritt vom kleinen Geschwisterchen La Voce S3 ist enorm. Ich hatte für den direkten Vergleich eine intensive Aufnahme gewählt: Das Album Picking Up The Pieces der US-amerikanischen Singer-Songwriterin Jewel. Eine pieksaubere, dynamische Produktion, die Jewels Stimme in all ihren durchaus auch mal speziellen Folk- und Country-nahen Facetten eindrucksvoll präsentiert. Und damit ein echtes Showpiece für den La Scala. Jewels Organ wird mit dem DAC, anders als mit dem La Voce, nie anstrengend. Dem röhrenbestückten Aqua gelingt es, den grandiosen (und nur ein bisschen kitschigen) Opener „Love Used To Be“ mit voller dynamischer Wucht und dabei doch mit einem umfassenden Gefühl von Ruhe und Souveränität zu präsentieren. Er klingt hier ruhiger, trotzdem flüssiger, und tatsächlich einen Tick „goldener“ als sein kleiner Stallgefährte. Allerdings fällt mir diese subtile Schattierung auf, während der DAC von einem Waversa WStreamer per USB-Kabel bedient wird. Der Wechsel auf eine S/PDIF-Verbindung (Cinch) hat eine Wirkung, als hätte jemand den Dimmer der Studiobeleuchtung um einen Millimeter weiter aufgedreht. Weniger Atmosphäre, mehr Details. Ich bleibe bei dieser Anschlussart.
Beim Abhören meiner Referenz-Titel, zumeist Klassik mit Klavier, Cello und Geige, fallen die überragend reine, feingesponnene Hochtonwiedergabe und die enorme Offenheit des gesamten Klangbildes auf. Dagegen wirkt mein La Voce ungestümer, expliziter. Der La Scala dagegen vereint Noblesse und packende Echtheit derart gelungen, dass Sound keine Rolle mehr spielt und die Aufmerksamkeit vollständig beim Interpreten ist.
Und das alles lässt sich ja noch auf die Spitze treiben. Der hierfür notwendige Streamer Aqua LinQ verdoppelt leider den finanziellen Einsatz. Was mit diesem ausgefuchsten Zuspieler, zumal noch beim idealen Anschluss via AQlink, an hautnahem Musik-Erleben möglich ist, das ist dann aber wirklich Weltklasse. Klassik-Freunden empfehle ich Jacqueline du Pré mit ihrer Einspielung von Antonín Dvořáks Cellokonzert: Das trocken ins Orchester gemischte Soloinstrument materialisiert sich füllig grummelnd zwischen den Lautsprechern, dass man das Kolophonium auf den Saiten stauben sieht. Hardcore-Audiophile legen The Raven von Rebecca Pidgeon auf und lassen sich mit dieser legendären Aufnahme direkt in einen der vorzüglichen Aufnahmeräume beamen, die die Chesky-Brüder für ihre durchweg fantastisch klingenden Produktionen nutzen.
Preislich gerade noch erreichbar, mit dem für manchen (etwa für mich) emotional nicht unwichtigen Aspekt der Röhren-Ausgangsstufe, mit feiner Technik (Optologic!) und einem überragend natürlichen, offenen und emotional ansprechenden Klang, dabei immer mit dem Fuß nah am Gaspedal und für spontane dynamische Eruptionen zu haben – der mittlere Aqua ist schon ein besonderer Wandler. So frei, plastisch und mitreißend bekommen nicht viele das hochauflösende digitale Musizieren hin. Ein Traum von einem DAC.
Info
D/A-Wandler Aqua La Scala MK II Optologic
Konzept: modular aufgebauter D/A-Wandler nach R2R-Prinzip mit Röhren-Ausgangsstufe
Eingänge digital: RJ45 AQlink (I2S), BNC (S/PDIF), Cinch (S/PDIF), XLR (AES/EBU), USB für Computer
Eingänge digital optional: RCA koaxial (S/PDIF), ST optisch, Toslink optisch
Ausgänge analog: Line-Out XLR, Line-Out Cinch
Digitalformate: PCM 44,1 kHz bis 384 kHz (über AQlink und USB), max. 24 bit, DSD64, DSD128
Besonderheiten: modularer Aufbau für Update-Fähigkeit, ein Digitaleingang frei bestückbar
Ausführung: Aluminium silber gebürstet, Gehäuse nextel grau
Maße (B/H/T): 45/10/37 cm
Gewicht: 9 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: um 6860 €
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