Aavik I-580 – Der freundliche Däne
Aavik hat einen Lauf. Und wir das Vergnügen. Gestatten: der I-580
In aller Kürze
Das kann man kurz machen: Aaviks I-580 ist ein absolut formidabler Verstärker. Punkt. Einschalten, Anhören, genießen – der intelligente Däne macht es einem leicht.
Wir kommen gleich zum Aavik I-580. Aber zuerst ein kurzer Blick zurück. Denn Aavik, Vollverstärker, da war doch was … genau: Nur ein Jahr ist es her, da nahm das Modell U-380 des dänischen Herstellers meinen Hörraum im Sturm. Starkes Design, überragender Klang und eine Verarbeitung, die eines Concours d’Élégance von Tresorherstellern würdig wäre. Der Integrierte legte einen glatten Durchmarsch hin. Auch und gerade in der allzu gern übersehenen Kerndisziplin Integration. Unter seinen dicken Aluminiumgehäuse-Segmenten steckten ein Weltklasse-D/A-Wandler und ein herausragender, umfassend an den Tonabnehmer anpassbarer Phonoentzerrer. Volle Punktzahl, Sieg auf der ganzen Linie.
Ein stetes hinterfragen …
Man muss vermutlich Michael Børresen heißen, um nach diesem Triumph Folgendes zu tun: Alles in Frage zu stellen und einen neuen Vollverstärker auf die Metallfüßchen zu stellen, der allem zu widersprechen scheint, was den U-380 zu jenem Erfolg machte, der er noch immer ist.
Aavik-Entwickler Børresen, der so vieles anders macht als alle anderen, präsentiert nun also: nicht einen, sondern gleich drei neue Vollverstärker. Sie hören auf die Namen „I-180“, „I-280“ sowie „I-580“ und sind alle drei, sehr verkürzt und platt gesagt, die reine analoge Hochpegel-Verstärkersektion des U-380 in einem neuen Gehäusekonzept. Alle drei sind rein analoge Class-D-Verstärker, stecken in leichtgewichtigen Gehäusen mit minimalem Metallanteil, sparen sogar bei den Anschlüssen am Gewicht und setzen noch viel intensiver als jede bisherige Aavik-Komponente auf die proprietäre, sehr spezielle Entstör-Technologie der Schwesterfirma Ansuz.
Sauber(er)er Strom
Ein zentraler Grund für den neuen Separatismus ist laut Michael Børresen die Entlastung der Stromversorgung. Das Entfernen von DAC und Phonosektion aus dem Verstärker führe, erklärt er mir, zu einem „überwältigenden“ klanglichen Fortschritt. Aus dieser Erkenntnis ist nun eine ganze Familie neuer Aavik-Geräte entstanden. Ab sofort gibt es eigenständige Vollverstärker, DACs, Phonoentzerrer und Streamer, eingeteilt in die Einsteiger-Serie 180, die ambitioniertere Serie 280 und die Spitzenbaureihe 580, der auch mein Integrierter entstammt. An dieser Stelle ließen sich sicher auch handfeste Gründe explizit gegen die Auftrennung nennen – aber entscheidend ist ja immer, wie’s gemacht wird und was dabei rauskommt, wenn man’s richtig anstellt. Hochinteressant sind Børresens Ausführungen zum neuen Gehäusekonzept. Er betont: „Materials matter!“ Die Werkstoffe sind wichtig!
Alles begann mit den Darkz-Gerätefüßchen der Schwester-marke Ansuz. Hier fing Michael Børresen mit seinen metallurgischen Experimenten an, arbeitete sich vom reinen Aluminium über diverse Beschichtungen desselben bis zu Titan vor – in Reinform und mit Beschichtung aus Wolfram und Zirkonium. Jeder Werkstoff, jedes Metall, sagt er, färbe den Klang auf charakteristische Weise. Dem schon in der Anschaffung teuren Titan, dessen Härte jegliche Bearbeitung zu einem kostspieligen Vergnügen macht, attestiert der Däne eine besondere klangliche Sauberkeit. Aluminium dagegen, der Leib-und-Magen-Werkstoff der globalen High-End-Gemeinde, sei als paramagnetisches Material bei elektrischen Geräten im Grunde nicht die beste Wahl.
Metallbefreit
Mit der 180/280/580-Serie zieht Børresen die Konsequenz und verwendet als Grundmaterial für die Gehäuse einen dem bekannten MDF ähnlichen, aber härteren, garantiert metallfreien Werkstoff. Der I-580 kommt somit erfreulich leichtgewichtig daher und fasst sich sympathisch samtig-warm an. Alle Metallteile des I-580 – die Eckzylinder mit ihren Darkz-Aufnahmen oben und unten (ja, hier darf gestapelt werden!) und das charakteristische Kreuzelement im Deckel – bestehen aus Titan.
Kupfer ist im I-580 übrigens auch noch mit von der Partie. Die Frage, ob die im Inneren des Verstärkers rund um die Elektronik verbauten Kupferbleche als Abschirmung dienen sollen, hätte ich mir bei Børresen sparen können. Sicher wirken sie abschirmend, aber eh ich mich’s versehe, erzählt der Entwickler über verkupferte Aluminium-Kühlkörper im Marine-Funk, über Induktivität und Frequenzbandbreite, und mir schwirrt nur noch der Kopf …
Materialkunde vor Elektronik
Ja, die Materialwissenschaft stiehlt hier der Elektronik die Show. Wie schon im U-380 stecken auch im I-580 Class-D-Module aus dem Hause Pascal. Deren Feintuning macht den Unterschied, denn auch die kleinen Geschwister I-180 und I-280 sind mit den gleichen Pascal-Platinen ausgestattet. Der „Große“ setzt sich hier durch modifizierte Ein- und Ausgangsstufen sowie durch die klangoptimierte Realisierung der Eingangsumschaltung ab.
In einer zunehmend von digitalen Alleskönnern bevölkerten High-End-Welt ist der Aavik I-580 ein echter Segen. Er hat ein die ganze Front einnehmendes, fantastisch ablesbares Punktmatrixdisplay aus freundlich rot glimmenden LEDs. Die Bedienung erfolgt App-frei über drei Multifunktionstaster und einen großen Drehknopf (oder wahlweise über eine mitgelieferte Apple-Fernbedienung). Die Buchsen an der Rückseite sind von der eher leichtgewichtigen Sorte. Man habe da klangliche Vorzüge gegenüber dem üblichen Massivbau festgestellt, sagt Michael Børresen, und verweist auf Pioniere des Leichtbaus wie den Briten Dennis Moorecroft und dessen ultraleichte Verstärker und Kabel der Marke DNM, die in Fachkreisen seit Jahrzehnten höchsten Respekt genießen.
Ansuz inside
Ansuz-Tuning ist in Hülle und Fülle vorhanden. Geboten werden sogenannte aktive Tesla-Spulen, aktive rechteckige Tesla-Spulen, analoge Dither-Schaltungen und – hier fällt mir keine passende Übersetzung ein – „Anti Aerial Resonance Coils“. Die Menge macht’s, der I-580 hat von den drei neuen I-Vollverstärkern die größte Anzahl dieser aktiv auf die Audioschaltkreise einwirkenden Zutaten. Selten hat sich eine Komponente so geschmeidig, quasi reibungslos in meine Kette integriert wie der Aavik I-580.
Merkwürdig vertraut fühlte es sich an, das kompakte Gerät locker auf das Rack zu stellen und die Quellen – Plattenspieler, CD-Player, DAC – an den ausschließlich in Cinch-Ausführung vorhandenen analogen Hochpegeleingängen anzuschließen. Dann der jedes Mal wieder spannende Moment der Wahrheit, die ersten Töne: auch hier auf Anhieb absolute Stimmigkeit, die Bandbreite ist da, die Räumlichkeit, die Klangfarben, die Dynamik.
Let’s Play
Ich fange an, Musik zu hören, freue mich ein ums andere Mal über das riesige Display, und die Tage mit dem Dänen vergehen wie im Flug. Vergangenes Jahr habe ich, Roon und Tidal sei Dank, eine Platte gefunden, die bis heute zu meinen am höchsten geschätzten gehört: Origami Harvest vom US-amerikanischen Jazz-Trompeter Ambrose Akinmusire. Ich werde den irren Mix aus Modern Jazz, Rap und Streichquartett sicher noch öfter ins Rampenlicht stellen. Selten sind Sound und Groove, Komposition und künstlerische Botschaft in derart fesselnder Einheit zu erleben.
Der I-580 wird allen Facetten dieser auch technisch gelungenen Aufnahme (Blue Note, leider nicht auf Vinyl erschienen) voll gerecht. Der einleitende donnernde Trommelwirbel steht felsenfest im Raum, die Streicher kommen nobel und mit perfekt integriertem Oberton- und Geräuschspektrum. Der Däne schafft mühelos den Spagat, gleichzeitig makellos kontrolliert und locker swingend zu musizieren. Da ist immer Fluss, immer Bewegung, nie statisches Abspulen von Klängen. Weiter vergehen die Tage, und es fühlt sich nie nach Arbeit an. Dieser Test ist das reine Vergnügen. Ich hatte mir genau eine Notiz während der Zeit mit dem Aavik gemacht: „Eine außergewöhnliche Eindeutigkeit und Entschlossenheit im Klangbild; Definition der räumlichen Bezüge.“
Mittendrin
Das beeindruckte mich schon beim U-380, der Neue hat’s mindestens genauso drauf: Hier gibt es kein „da irgendwo“. Die legendäre Produktion Buena Vista Social Club saugte mich gleichsam magnetisch ins warme Schummerlicht eines kubanischen Tanzsaals, und ich war mittendrin, vor mir ein Halbkreis von Musikern, jede Stimme und jedes Instrument ein unverrückbares, lebensgroßes akustisches Abbild. Bei den roh im Studio eingefangenen Songskizzen, die Jason Mraz auf We sing. We dance. We steal things veröffentlicht hat, ist es die hautnahe Präsenz des Sängers und Gitarristen – man höre nur „If It Kills Me“, ein veritables Juwel, bei dem selbst der feine Brumm von Mraz’ Gitarren-Amp zum gänsehauterregenden Ereignis wird.
Und wieder lässt sich nur konstatieren, dass Michael Børresen an irgendetwas dran ist. Sein neuester Verstärker-Streich ist teuer, sehr sogar, und mindestens ebenso unkonventionell, aber nicht um der Exotik willen, sondern, ganz offensichtlich, überaus bewusst und zielgerichtet. Kurz, der Aavik I-580 ist ein absolut formidabler Verstärker. Punkt. Anhören, genießen – der Däne macht es einem leicht.
Vollverstärker Aavik I-580
Konzept: Hochpegel-Vollverstärker in Class-D-Bauweise
Eingänge: 5 x Line-In (Cinch)
Ausgänge: 1 x Pre-Out (Cinch), 1 x Lautsprecher (Schraubklemmen)
Ausgangsleistung (4 Ω): 2 x 600 W
Besonderheiten: IR-Fernbedienung (Apple), RS-232-Schnittstelle für Firmware-Updates, 2 x Triggeranschlüsse für Ferneinschaltung; Eckzylinder als Interfaces für Ansuz Darkz ausgeführt; kein Netzkabel im Lieferumfang
Ausführung: Schwarz/Titan
Maße (B/H/T): 40/10/38 cm
Gewicht: 11 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 20.000 €
Kontakt
Aavik Acoustics
Rebslagervej 4
9000 Aalborg
Dänemark
+45 40 51 14 31
Mitspieler
Plattenspieler: bauer audio dps 3
Tonarm: bauer audio Tonarm, Tonabnehmer: Lyra Kleos
Phonovorverstärker: bauer audio Phono, Keces Sphono
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 UP
Musikserver: Innuos Zenith Mk III
D/A-Wandler: Aqua La Voce S3
Vorverstärker: Silvercore linestage two
Endverstärker: Rowland Model 2
Netzaufbereitung: AudioQuest Niagara 3000
Lautsprecher: Ayon Seagull/c
Kabel: Fadel Art, Ansuz, Sun Audio, AudioQuest, Solidcore
Zubehör: Selbstbau-Rack, Granitbasen