Mark Levinson No. 5101 SACD-Player/Streamer – Die Fortschreibung einer Legende
Auf manche Dinge muss man lange warten. Manche Wünsche werden erst spät erfüllt. Umso schöner, wenn der Traum dann besser als gedacht Wirklichkeit wird. Beim neuen Silberscheibenspieler und Streamer 5101 von Mark Levinson ist das so.
Bei mir sorgen Geräte aus dem Hause Mark Levinson zuverlässig für freudige Adrenalinschübe. Und das, obwohl die US-amerikanische High-End-Schmiede in den vergangenen fünf Jahrzehnten des Öfteren unter neue Firmendächer geschlüpft ist und jeder neue Eigentümer den Produkten einen eigenen – auch klanglichen – Stempel aufdrückte. Aktuell gehört ML, wie Fans die Kultmarke gerne abkürzen, zum Elektronikriesen Samsung.
2019 stellte Mark Levinson mit den Vollverstärkern No. 5805 und 5802 die ersten Vertreter einer neuen Gerätelinie vor. Der Streaming-SACD-Player 5101 spiegelt den Trend wider, physische und nichtphysische Medien in einem Abspielgerät zu vereinen. Das ist nichts Neues, das gab es auch schon bei Mark Levinson – aber nicht mit der dezidierten Konzentration auf hohe Auflösungen, wie sie der 5101 bietet. Diesen Job überlassen die Amerikaner einem ESS Pro Sabre: Der 32-Bit-D/A-Wandler versteht sich unter anderem mit den Dateiformaten FLAC, WAV, AIFF, OGG, MP3, AAC und WMA, gerne übrigens auch per Daten-CD-ROM zugespielt.
Deshalb wartet auf der Rückseite eine ganze Phalanx digitaler Anschlüsse – von koaxial über Ethernet bis USB – auf externe digitale Zuspielquellen. Auf dass die hohe Klangqualität der No. 5101 auch dem Geräte-Altbestand des Mark-Levinson-Fans zugutekommen möge. Zum Verstärker geht es per analogem Cinch- oder XLR-Ausgang.
Digitalmaschinen gab es im Lauf der Firmengeschichte einige. Nach der breiten Einführung der CD ließ sich die Edelschmiede bis 1992 Zeit, einen Player zu entwickeln. Die No. 31 war ein Laufwerk wie aus einer Manufaktur für Hochsicherheits-Tresore – und spielte mit externem DAC auf so hohem Niveau, dass ein paar Hardcore-ML-Fanatiker den Oldie heute noch einsetzen, allerdings oft im Verbund mit deutlich moderneren Digital-Analog-Wandlern. Danach kamen wohnzimmergerechtere Konstruktionen, etwa die No. 39. Im Jahr 2000 setzte Mark Levinson eins drauf und stellte den 390S vor, der dank HDCD-Wandlerfähigkeit nicht nur den zukunftsfesten CD-Player gibt, sondern auch als Vorverstärker für digitale Quellen eine gute Figur macht.
Dem Hype um die hochauflösenden Medien schloss sich Mark Levinson erst an, als das Thema SACD für den Massenmarkt schon wieder durch war: Der 512 war ein grandios klingender Klotz, wirkte aber 2010 wie aus der Zeit gefallen, nachdem Systemerfinder Sony sich von der SACD verabschiedet hatte. Danach kamen von ML verschiedene „media player“, die den Nischenmarkt SACD konsequent ignorierten.
Das hat sich nun gewandelt. Die Gebete derer, die eine größere Sammlung SACDs haben, wurden erhört. Mit leichter Verzögerung, die Todd Eichenbaum, Chefentwickler der Harman Luxury Group, erklären kann: „Was wir 2019 auf der HIGH END zeigten, war ein sehr früher, spielfähiger Prototyp. Wir hatten die ersten Teilbaugruppen fertiggestellt, und sie arbeiteten direkt vom Entwicklungstisch besser als erwartet“, erzählt Eichenbaum. Bis zum fertigen Produkt habe man aber vor allem softwareseitig eine Vielzahl von Fehlern beheben müssen. Erst im Juli 2020 konnte die Vorserienproduktion starten.
Dass Mark Levinsons neuer Streaming-SACD-Player 5101 Zusatzfähigkeiten mitbringt, die über die zweikanalige Wiedergabe von Silberscheiben hinausgehen, ist da mehr als nur willkommene Dreingabe. Während SACDs rund 20 Jahre nach ihrer Markteinführung nur noch in homöopathischen Dosen und bevorzugt bei kleinen Klassiklabels neu veröffentlicht werden, setzen Streamingdienste wie Amazon Music, Tidal oder Qobuz, beflügelt von immer besseren Internet-Datenraten, verstärkt auf online bezogenen HiRes-Stoff.
Den wandelt der Mark Levinson Streaming-SACD-Player 5101 dank seines leistungsfähigen Wandlerbausteins ebenso locker und selbstverständlich wie das Material, das von physischen Medien kommt. „Mit der ESS-PRO-Serie haben wir bereits in den Vollverstärkern 5802 und 5905 gute Erfahrungen gemacht. Der von uns genutzte Sabre-DAC nutzt die neueste Version des Schaltkreises, den ESS zur Jitter-Unterdrückung einsetzt. Niederfrequenter Jitter des Taktgebers äußert sich nicht nur in messbar geringeren Verzerrungen, sondern sorgt auch subjektiv für Verbesserungen bei Fokus, Raumabbildung und feinen Details. Für die PCM-Eingänge stellt der DAC sieben verschiedene Filtercharakteristiken zur Verfügung, und er ist in der Lage, PCM-Eingangssignale mit 384 Kilohertz und DSD-Eingangssignale mit 11,2 Megahertz (vierfaches Oversampling) zu verarbeiten. Der DAC hat eine achtkanalige, vollsymmetrische Architektur. Wir nutzen je vier parallele DAC-Kanäle für den rechten und linken Stereokanal, was den Dynamikumfang erweitert und die Verzerrungen reduziert. Die symmetrischen Ausgänge des DACs arbeiten perfekt mit der ebenfalls vollsymmetrischen, diskret aufgebauten analogen Ausgangsstufe zusammen. Außerdem haben wir fünf getrennte, rauscharme Spannungsregler allein für den DAC, der dadurch sein maximales Potenzial ausspielen kann“, schwärmt Todd Eichenbaum von dem „Wunderwandler“.
Zwar fällt die nur für Apples iPhone erhältliche Remote-App eher durch Schlichtheit auf, die technische Basis und damit das Klangpotenzial sind aber so, wie sie sein sollen. Für das Streaming arbeitet der Player mit der Harman-App „MusicLife“ zusammen, die sich mit vielen gängigen Streamingdiensten versteht – die HiRes-Angebote von Qobuz oder Tidal sind für spannende Hörabenteuer gut.
Der Zufall wollte es, dass zeitgleich mit dem talentierten Ami auch der ungleich teurere Spieler einer japanischen Nobelmarke bei mir zu Gast war. Obwohl der ML mit seinem Slot-in-Laufwerk mechanisch einfacher konstruiert ist als das wuchtige Schubladen-Laufwerk der Wettbewerber, bewegen sich die beiden Maschinen bei Auflösungsvermögen, tonaler Richtigkeit und vor allem Musikalität auf Augenhöhe. Seine vermeintlich simple Konstruktion verteidigt Todd Eichenbaum: „Ein Slot-in-Mechanismus ist ein fertiges Modul, das man bei der Fertigung nur mit dem Schlitz in der Frontplatte zur Deckung bringen muss, während der korrekte Zusammenbau einer Laufwerk-Schubladenkonstruktion mit der Frontplatte viel komplizierter und fehleranfälliger ist. Wir bevorzugen Aussehen und Bediengefühl eines Slot-in-Laufwerks gegenüber den typischen Schubladenkonstruktionen, von denen die meisten eine Plastikschublade und eine ebensolche Klappe in der Frontplatte verwenden. Der Mechanismus, der im 5101 eingesetzt wird, kommt auch in unseren Auto-CD-Playern zum Einsatz, ist für dieses Einsatzfeld ausgelegt und deshalb besonders robust und immun gegen Vibrationen und Temperaturunterschiede“, lobt Eichenbaum das Bauprinzip. Ich musste beim Test dennoch öfter den Impuls unterdrücken, eine nicht vorhandene Schublade schließen zu wollen …
Die nie kalt wirkende Neutralität, das überragende Timing und die punktgenaue Abbildung führt Eichenbaum auf das ausgeklügelte System getrennter Stromversorgungen zurück, das sich unter dem ultrasoliden Gehäusedeckel verbirgt: „Wir setzen ein hocheffizientes Schaltnetzteil für das Laufwerk und die Digitalschaltkreise ein, ein konventionelles Netzteil mit diversen linearen Spannungsreglern treibt den DAC und die Analogschaltkreise“, führt Eichenbaum aus.
Der Lohn des riesigen Aufwands? Eine Quelle, die in wohl jeder Anlage eine gute Figur macht; ein Player, der „Fleisch auf den Rippen“ hat, der mit stabilem Tiefton und farbigen Mitten ebenso punktet wie mit noblen Höhen. Mit geschlossenen Augen kann man virtuelle Schallereignisse punktgenau zuordnen – Räumlichkeit, wie man sie an sich eher bei der analogen LP erwartet.
Stärken, die der Mark Levinson No. 5101 bei jedem Medium zeigt, das über ihn abgespielt wird. Ich ertappte mich in der Testphase dabei, die Auswahl eher nach musikalischen Vorlieben zu treffen als nach der Frage, ob mir jetzt eine SACD, eine CD oder etwas Nichtphysisches die Musiknahrung für die Seele liefert, ob es nun eine Mahlersinfonie mit Claudio Abbado auf SACD ist oder der grottig aufgenommene, aber musikalisch mitreißende neue Silberling PWR UP von AC/DC. Denn selbst normale CDs haben über diesen Alleskönner so viel Substanz, so viel Kraft, so viel emotionalen Gehalt, dass die theoretischen Nachteile gegenüber der hochauflösenden Konkurrenz kaum hörbar werden. Die Wiedergabeelektronik tritt in den Hintergrund, die Musik hat alle Aufmerksamkeit. So und nicht anders soll es sein.
Ehe er zu Harman ging, war Todd Eichenbaum Entwicklungschef bei Krell Industries in Orange, Connecticut, wo er von 1988 bis 1995 und von 1998 bis 2013 beschäftigt war. In dieser Zeit war er für die Entwicklung von mindestens 60 verschiedenen Vorverstärkermodellen, Endstufen und Lautsprechern verantwortlich, angefangen mit dem Krell-Vorverstärker KSP-7B und dem auch hierzulande beliebten Endverstärker KSA-250 über vollsymmetrische Verstärker und die Krell-„Evolution“-Serie bis zum „iBias“-Konzept. Auch das Krell-System im Nissan Acura geht auf Todd Eichenbaum zurück.
Zwischendurch leitete der studierte Ingenieur Eichenbaum als „Senior Engineer“ die Firma Precision Power in Phoenix, Arizona. Und entwickelte in dieser Zeit den PPI 2500 F1, einen diskret aufgebauten Endverstärker mit 500 Watt pro Kanal und 15 000 Dollar Verkaufspreis für den Einsatz im Automotive-Bereich. Für die Automobilindustrie entstand auch eine innovative Produktlinie von hybriden Röhren-Transistor-Stereoverstärkern. Zudem setzte man sich bei Precision Power mit dem Tuning von Autoanlagen auseinander.
Vor seiner Krell-Zeit hat Todd Eichenbaum an der Northwestern University in Evanston, Illinois, studiert, wo er seinen Bachelor-Abschluss machte. Für den Masterstudiengang in Ingenieurswissenschaften wechselte er an die Stanford University in Kalifornien und schloss dort 1988 das Studium ab. 1987 war er kurz für den Kopfhörer-Hersteller Koss in Milwaukee, Wisconsin, tätig. Außerdem engagierte er sich in den Ingenieurs-Vereinigungen Eta Kappa Nu und Tau Beta Pi. 1983 wurde er mit dem William-T.-Farici-Preis für Kreative Kunst ausgezeichnet.
Todd Eichenbaum lebt mit seiner Frau und gelegentlich auch mit seinen Söhnen in Connecticut. Er genießt es, Zeit mit seiner Familie zu verbringen, kocht gerne und hört mit Vorliebe Jazz.
Wir meinen
Der Mark Levinson Streaming-CD-Player No. 5101 ist eine jener ultimativen Musikmaschinen, nach deren Erwerb die Suche nach der idealen Quelle ein Ende hat.
Info
SACD-Player/Streamer Mark Levinson No. 5101
Konzept: CD/SACD-Player mit integriertem Netzwerkspieler und neu entwickelten HDAM-SA3-Ausgangsstufen
Eingänge digital: 2 x S/PDIF (koaxial/optisch) sowie LAN/WLAN
Ausgänge analog: Cinch/XLR
Ausgänge digital: 2 x S/PDIF (koaxial/optisch)
D/A-Wandler: ESS Sabre PrecisionLink II (32 bit), max. 192 kHz/32 bit
Leistungsaufnahme Standby/Leerlauf: < 0,4/32 W
Abspielbare Formate Netzwerkplayer: DSD128 sowie FLAC, AIFF, WAV, MP3, AAC, Ogg Vorbis und WMA bis zur jeweils höchsten Datenrate, Tonformate werden von CD-R, USB-A oder aus dem Netzwerk bezogen
Besonderheiten: Steueranschlüsse (IR/12V-Trigger), Streaming-Steuerung über Harman-App „MusicLife“ (iOS)
Ausführung: Schwarz
Maße (B/H/T): 44/13/47 cm
Gewicht: 11,5 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: um 6000 €
Kontakt
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