Die Invasion der Lakritzschnecken
Am ersten November-Wochenende war es wieder so weit: Die Analogue Audio Association (AAA) lud zum zwölften Mal zum alljährlichen Analog Forum, das wieder im Mercure Hotel Krefeld stattfand. Gegen ein rauschendes Analogfest sprach eigentlich das für die Jahreszeit beinahe zu freundliche Wetter. Tatsächlich aber sollte es bisher bestbesuchte Forum überhaupt werden; allein die Besucherzahlen am Samstag lagen schon auf dem Niveau der gesamten Veranstaltung des Vorjahres. Und genau das wurde dann auch an jenem Samstag zum Problem: Der Veranstaltungsort kam an seine Grenzen, stellenweise war kein Durchkommen mehr. Gleichwohl war die Veranstaltung an sich perfekt organisiert, etwa mit einem kostenlosen Parkplatz-Shuttleservice, der im gefühlten 5-Minuten-Takt zwischen den Parkplätzen und dem Hotel pendelten. Das ist vorbildlich und eine große Hilfe – vor allem für einen Mitfahrer in meinem Shuttle, der einen riesigen Röhrenamp mitgebracht und unterm Arm hatte. Beim Einsteigen musste jemand schieben, damit er überhaupt reinkam, beim Aussteigen wäre er dank Übergewicht des Amps fast aus dem Wagen rausgefallen. Sah dramatisch aus, passiert ist aber nix. Dennoch merke: Ein 40-Kilo-Amp ist KEIN optimales Reisegepäck!
Zurück zur eigentlichen Veranstaltung. Die Qualität der Vorführungen reichte von Spitzenklasse bis hin zu lausig, wobei fairerweise gesagt werden muss, das letztere nur sehr wenige Ausnahmen waren. Und fragen Sie mich bitte nicht nach deren Namen, die habe ich eh schon wieder vergessen. Den Preis fürs beste Entertainment (in Verbindung mit sehr gutem Klang) ging dieses Jahr an Thomas Fast von Fastaudio. Thomas Fast demonstrierte die Unterschiede zwischen verschiedenen Lyra-Tonabnehmern mit ein und derselben Schallplatte. Den Einstieg machte das Lyra Kleo, gefolgt vom Lyra Etna und gekrönt vom Lyra Atlas. Die Unterschiede waren mit jedem Plattenbeispiel sofort nachvollziehbar, und zwar klar und eindeutig. Doch der „Aufstieg“ bei Lyra ist aber auch ein harter Angriff aufs Portemonnaie. Beinahe noch besser als der Klangvergleich war bei Thomas Fast die Musikauswahl: nicht das übliche High-End-Gedudel, sondern unkonventionelle Stücke von jungen Bands aus dem Electronica-Genre, abgerundet mit einem Barry-White-Remix-Album – einfach zum Nieederknien. Das war große Klasse und für mich „volle Punktzahl“, nicht zuletzt wegen des großartigen Gastgebers … äh … Entertainers.
Ebenso positiv aufgefallen ist mir der Raum von „Horn-Kultur“: aufwendig akustisch behandelt und ausgestattet mit Garrard 401 Frontend, Jadis Vollverstärker und einem großen 2-Wege-Hornsystem von Joachim Bembennek, Mr. Horn-Kultur. Dieses System bot guten Durchzug, echten Punch und jede Menge Grip, die Bühne war sauber sortiert und es hat rundum richtig Laune gemacht. Aber Achtung, auch hier drohte wieder ein Frontalangriff aufs Portemonnaie. So ist es halt: Damit die Kinnlade runterklappt, müssen Opfer gebracht werden.
Abseits der vielen Vorführungen gab es dann auch noch einen kostenlosen Messservice für mitgebrachtes Equipment – Sie erinnern sich an den Mitfahrer im Shuttle? – und jede Menge Workshops, dazu viel Vintage-Equipment und eine ziemlich lahme Küche. Aber das ist eine andere Geschichte.
Das Analog Forum Krefeld scheint nur auf den ersten Blick eine Veranstaltung wie viele andere zu sein. Doch das Publikum ist ein anderes: Hier trifft man zumeist auf diejenigen, die bereits „angekommen“ sind, die bereits eine Meinung haben und auch auf diejenigen, die den Vorführungen durchaus mit kritischer Skepsis gegenüber stehen. Die Nörglerfraktion also? Ich denke nein. Vielmehr sind es Interessierte, die sich nicht ein X für ein U vormachen lassen. Und das ist gut so.
Kurz: Das Analog Forum Krefeld ist eine klasse Veranstaltung – in erster Linie wegen der Analogue Audio Association, bei der noch immer die Leidenschaft fürs eigentliche Thema spürbar ist, aber auch wegen des spürbar großen Zusammengehörigkeitsgefühls, vor allem aber wegen der vielen Aussteller, die sich hier in die Höhle des Löwen wagen.
Ach ja, da waren dann noch diese Lakritzschnecken. Überall. In allen Farben. In allen Gängen, auf allen Tischen, in allen Zimmern. Und es wurden immer mehr – Nervennahrung für alle, deren Nerven Nahrung brauchten. Eine nette Idee, ein schöner Service der AAA. Und das Beste daran: Sie gingen niemals aus.
Jetzt aber viel Vergnügen mit der Bildergalerie des Analog Forum Krefeld 2014.