Vovox Excelsus? Unbedingt!
Was wäre, wenn?! Ein beliebtes Gedankenexperiment. Bei Vovox hat man sich mit der Excelsus-Reihe einen entscheidenden Schritt weiter getraut.
Ein Gedankenexperiment ist laut Wikipedia „ein gedankliches Hilfsmittel, um bestimmte Theorien zu untermauern, zu widerlegen, zu veranschaulichen oder weiterzudenken. Es wird dabei gedanklich eine Situation konstruiert, die real so nicht oder nur sehr schwer herzustellen ist (zum Beispiel eine Reise mit annähernd Lichtgeschwindigkeit). Sodann malt man sich im Geiste aus, welche Folgen sich aus dieser Situation ergeben, wenn man die Theorie auf die Situation anwendet.“ Das Problem eines solchen Experimentes ist, dass es nur ein Vorbote einer besseren Wirklichkeit sein kann, nur die erste Idee, die noch keinem Stresstest standhält. Es ist in der Theorie gefangen, da der empirische Aspekt, die Überprüfung in der Wirklichkeit vollkommen fehlt.
Jürg Vogt, Gründer und Mastermind der Schweizer Kabelschmiede Vovox, ging lange mit einigen Gedankenexperimenten schwanger, da ihn ein paar Dinge in der Audiowelt störten. Im Pro-Audiomarkt wird ein Kabel allzu oft lediglich nach Preis und Haltbarkeit bewertet. Klangliche Aspekte treten meist in den Hintergrund, wenn sie nicht sogar völlig negiert werden. Solange ein Kabel ein Signal ohne Aussetzer führen kann, funktioniert es. Wenn es obendrein noch trittfest und nicht zu teuer ist, können wir gar von einem guten Kabel sprechen. So leicht geht das.
In der Ecke des Home Audio verhält es sich mehr oder minder komplett gegenteilig. Technische Zusammenhänge sind nicht sonderlich wichtig, dafür gelten die Parameter teuer, groß, schwer besonders viel. Wohldosierte Informationen zu besonderen Werkstoffen werden sehr geschätzt, auch wenn der Nutzen dieser speziellen Materialien für den aktuellen Anwendungsfall eigentlich nicht ersichtlich ist. Als Beispiel möchte ich das berühmte „Flugzeugaluminium“ anführen. Zum einen werden allein in einem Airbus, wie mir ein Entwickler der Firma bestätigte, über 30 verschiedene Aluminiummischungen verwendet, was die Definition „Flugzeugaluminium“ schon recht schwammig werden lässt. Zum anderen konnte mir noch niemand erklären, was dieses Material für Vorteile bringen soll. Und wie so oft geht der Schuss bei näherer Betrachtung nach hinten los: Den meisten Aluminiummischungen, die in Flugzeugen verwendet werden, ist eine besondere Zugfestigkeit (braucht man das in Verstärkergehäusen?), Elastizität (ich dachte immer, diese Gehäuse sollen gerade nicht schwingen) und relative Leichtigkeit (und diese Gehäuse sollen doch in einer bestimmten Preisklasse Immer möglichst schwer sein …) gemein. Kurz: es gibt Legierungen, mit denen der Hersteller bei gleicher Gehäusegröße mehr Marketing-wirksame Masse auf die Waage bringen könnte. Aber das Wort Flugzeug zieht eben …
Außerdem kann es uns Audiophilen oftmals nicht teuer genug sein. Ist etwas gut und dennoch günstig, wächst nicht die Freude, sondern das Misstrauen.
Zwei Welten also, die nicht gut zu vereinen sind, weshalb Vovox immer zwei über getrennte Vertriebswege laufende Produktlinien anbot: eine für uns und die andere für die Profis. Ich selbst bin in beiden Lagern gut zu Hause und habe mich immer ein wenig über diese Teilung gewundert, da ich stets meinte, dass eine Zusammenführung der guten Seiten jeder der zwei Welten doch ein ziemlich ideales Produkt hervorbringen müsste. Denn es gibt auf jeder Seite gute und schlechte Ideen.
Und genau das war das Gedankenexperiment, mit dem sich Jürg Vogt lange beschäftigte. Warum nicht diese Grenzen einreißen, Gutes zusammenführen. Also kam zum Denken das Tun, das komplette Sortiment der Firma wurde neu geordnet, teilweise durch neue Produkte ersetzt, gestrafft. Mit einigen angenehmen Nebeneffekten. Zum Beispiel kann dank das knackig verschlankten Programms deutlich günstiger produziert werden, was Jürg Vogt nicht nur für die interne Kalkulation freut. Die überteuerten „Blingbling-Produkte“ sind ihm seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge, denn es gibt seiner Meinung nach schlicht eine Obergrenze dessen, was an Geld in einem Kabel verbaut werden kann. Alle Kunden werden diesen Weg der Ehrlichkeit wohl nicht mitgehen, so befürchtet Vogt, das bisherige Feedback sei allerdings ermutigend.
Außerdem liegen ja die Ansprüche im audiophilen Musikzimmer und im highendigen Mastering Studio gar nicht mal so weit auseinander. Hier wie da geht es um eine möglichst klare und eigentlich auch unveränderte Übertragung der anvertrauten Musiksignale. Wobei beim letzten Punkt die Meinungen auch auseinandergehen können. Vogt legt sich fest und propagiert, dass seine Kabel nicht Equalizer, sondern Lupen sein sollen. Ein Ansatz, mit dem ich sowohl im Studio als auch zu Hause sehr gut leben kann.
Ein weiterer Punkt, der Vovox umtreibt, ist der Umweltschutz. Wegen der nun erfolgten Vereinheitlichung kann auf einiges an Verpackungsmaterial verzichtet werden. Die Verpackung der verbliebenen Produkte wird im Laufe der kommenden Monate sukzessive umgestellt, ab dem Ende dieses Prozeses werden nur noch Kartons aus Recycling-Materialien und Beutel aus Bio-Baumwolle zum Einsatz kommen. Auch zu diesen Punkten meine volle Zustimmung.
Für diesen Bericht erreichte mich eine große Kiste mit einer Unmenge an Kabeln, die wirklich jede Eventualität einer Anlage abdecken können. Im Laufe der Zeit habe ich sie schrittweise in meine Anlage integriert, teilweise wieder ausgebaut und nach ein paar Tagen wieder zugeschaltet. Ein etwas langwieriger Prozess – ohne diesen Aufwand wird man aber in diesem Thema keine belastbaren Aussagen treffen können.
Ich bin im Mastering Studio und stecke zuerst das Lautsprecherkabel zwischen die Endstufe und die beiden Sky-Audios. Im Vergleich zu vorher tut sich in der ersten Sekunde nicht gar so viel. Alles klingt schön natürlich, räumlich gut verortet und tonal etwas weniger „stahlig“ in den Höhen. Das scheint es aber erst einmal gewesen zu sein, weshalb ich die neuen Kabel für mich zuerst unter „mäßig interessant“ verbuche, zunächst vergesse und meiner Arbeit nachgehe; schließlich müssen einige Alben gemastert werden.
Zwei Wochen später erinnere ich mich wieder an die Kabel, baue sie aus, um sie zu den anderen in den Karton zu packen, und stelle mein bewährtes Setup wieder her. Vielleicht kann ich den Bericht ja noch verschieben …
So weit mein kleines Gedankenexperiment, das leider – im Gegensatz zu jenem von Vovox – nicht den Übergang in die raue Realität überlebt. Kaum läuft mein altes Setup, verstehe ich die Welt nicht mehr und will eigentlich gleich wieder ausschalten. Die Höhen sind jetzt in der Tat wieder stärker, allerdings deutlich schlechter aufgelöst, gleichzeitig fehlt am entgegengesetzten Ende des Frequenzbandes subjektiv eine halbe Oktave, die räumliche Zuordnung der Schallereignisse gerät nun wesentlich diffuser und von der Raumtiefe möchte ich lieber gar nicht sprechen. Also schnell wieder zurück auf das Vovox-Lautsprecherkabel gebaut und ängstlich gelauscht … ja, die Welt ist wieder in Ordnung. Und wieder ohne großen Effekt und schmetternden Tusch, vielmehr ganz beiläufig, natürlich, bescheiden. Es wird nichts Besonderes „gemacht“, es stimmt einfach nur wieder alles. Verblüffend.
Die Neugierde ist also geweckt, und ich schleife als Nächstes die Netzkabel ein. Das XLR-Kabel zwischen Monitor Controller und Endstufe fasse ich zunächst nicht an, mit einem Vovox Sonorus Direct wähne ich mich hier in Sicherheit. Bei der Stromversorgung sind die Unterschiede wiederum im ersten Moment nicht so massiv wahrzunehmen. Ein paar Feinheiten hier und da, immerhin. Diesmal geht es bei diesen Veränderungen hauptsächlich um Ruhe und Feinheit im Klangbild. Alles scheint etwas klarer voneinander abgegrenzt zu sein, mithin ein Effekt, den ich eher einem Netzfilter zusprechen würde. Überhaupt werde ich beim Thema Netzkabel meine Spekulierwut in der Tasche lassen – bisher habe ich noch keine wirklich schlüssige Erklärung gehört, warum eineinhalb Meter Kabel ohne Filter und Schirmung zwischen Steckdose und Netzteil eine Verbesserung ermöglichen sollen. Und dennoch geht es. Fragen Sie mich nicht …
Alsdann bekommt der CD-Player, mein treuer Mark Levinson ML390s, sowohl Netz- als auch Linekabel verpasst und wächst damit schon beim ersten Hören deutlich über seine bisherige Größe hinaus. CDs, die ich hier zur Kontrolle gegen das Master im Computer höre, scheinen nun einen guten Teil ihrer durch die Pressung und den Abspielprozess bedingten Schwächen abzulegen und tönen deutlich freier als zuvor. Das hätte ich in dem Maße nicht vermutet.
Der Form halber tausche ich noch mein Sonorus Direct gegen ein weiteres Excelsus und erlebe mein vorerst letztes blaues Wunder. Jetzt merke ich – was wiederum ein wenig seltsam klingt –, dass mein durchaus gutes Sonorus wohl nicht mehr recht in die Kette passte und alles ein wenig aus dem Tritt brachte. Neben den verbesserten technischen Aspekten klingt es sortenrein einfach etwas flüssiger und entspannter.
All das habe ich auch eine Etage höher im Haus mit meiner privaten Anlage im Wohnzimmer ausprobiert. Da es sich hier aber in allen Punkten exakt so wie bereits beschrieben verhielt, erspare ich Ihnen und mir die detaillierte Schilderung.
Jürg Vogt hat dem Gedankenexperiment Taten folgen lassen. Zum Glück, denn diese Straffung des Portfolios ist ein klarer Gewinn für den Kunden. Nicht nur der verbesserten Übersichtlichkeit wegen. Die günstigeren Preise sind auch eine feine Sache. Denn ein Kabelset, das meine Anlage derart weit voranbringen kann, hätte ich in einer weitaus höheren Preisklasse vermutet. Und das ist der eigentliche Schritt, den Vovox für uns alle vollzogen hat: Man hat die Gräben zwischen Studio und Wohnzimmer mit dieser ersten Tat wenn schon nicht zugeschüttet, so doch wenigstens etwas aufgefüllt. Hoffentlich kommen noch viele andere Hersteller auf diese Idee, damit endlich „zusammenwächst, was zusammengehört“. Tut mir leid, dieses etwas pathetische Zitat konnte ich mir nicht verkneifen.
Wir meinen
Günstiger, als man denkt, und besser, als man denkt – Vovox’ Neuausrichtung ist bester Dienst am Kunden.
Info
Kabelset Vovox Excelsus
Lautsprecherkabel: um 1070 € (2 x 2,5 m)
NF-Kabel unsymmetrisch: um 625 € (2 x 1 m)
NF-Kabel symmetrisch: um 534 € (2 x 1 m)
Netzkabel: um 368 € (1 m)
Garantiezeit: 2 Jahre
Kontakt
S.E.A. Vertrieb & Consulting GmbH
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